Mehr Produktivität im Unternehmen – wer strebt dieses Ziel nicht an? In der Produktion und Fertigung bedeutet eine Produktivitätssteigerung optimierte Materialflüsse – vor allem beim Nachschub. Nur so können die steigenden Kundenerwartungen an Produktionsgeschwindigkeit und Lieferbereitschaft auch dauerhaft erfüllt werden. Effiziente und flexible Fertigungssysteme sind gefragt.
Ein neuer Ansatz erfüllt diese Anforderungen: Der Materialfluss in der Produktion soll nach dem Supermarkt-Prinzip organisiert werden. Entnimmt ein Verbraucher ein Produkt aus dem Regal, wird die Lücke bemerkt und das Regal wieder aufgefüllt. Gehen Unternehmen heute in der Produktion so vor, spricht man von Kanban.
Was ist Kanban?
Bei diesem Planungssystem der Produktionssteuerung orientieren sich Materialfluss und Nachschub ausschließlich am tatsächlichen Materialverbrauch am Bereitstellungs- bzw. Verbrauchsort.
Das heißt, erst der tatsächliche Verbrauch von Materialien oder Gütern löst den Nachschubprozess aus. Ziel ist die kostenoptimale Steuerung der Wertschöpfungskette und das auf jeder Fertigungs- und Produktionsstufe.
Kanban-Prozesse in SAP
Kanban-Prozesse in SAP stellen als einfache Form der Nachschubsteuerung die Produktionsversorgung sicher. Aber auch Kostensenkungen durch Automatisierung und Bestandssenkungen sowie eine Reduzierung des Verwaltungsaufwands in der Produktion zählen zu den Hauptvorteilen. Als positiver Nebeneffekt führen verkürzte Durchlaufzeiten sowie eine hohe Lieferbereitschaft und Termineinhaltung zur Steigerung der Kundenzufriedenheit.
Pull-Prinzip: Nachschub auf Zuruf
Kanbansysteme werden immer von der Produktion der letzten Fertigungsstufe gesteuert. Wird dort der Mindestbestand eines Materials unterschritten, kommt es zu einer Meldung an die vorgelagerte Produktionsstufe bzw. das Lager. Dadurch wird die Fertigung bzw. die Bereitstellung des Materials angestoßen. Der Nachschub erfolgt auf Zuruf nach Verbindliche Kanban-Regeln sorgen für den reibungslosen Ablauf des Kanbansystems.
Kanban in der Praxis
Auch wenn Kanbansysteme eine Reihe von Vorteilen mit sich bringen, sind sie nicht in allen Fällen als Steuerungsinstrument der Produktion geeignet. Unter Umständen kann Kanban eine Vielzahl an Veränderungen im Unternehmen erfordern.
Welche Voraussetzungen müssen Unternehmen erfüllen?
- Hoher Standardisierungsgrad der Produkte bei streng getakteter Produktion
- Verkleinerung der Losgrößen anstelle der bisherigen Optimierung der Losgrößen
- Geglättete Produktion um große Schwankungen zu vermeiden
- Transportzyklen verkürzen und einheitlich gestalten
- Kontinuierliche Produktion
- Eindeutige Bezeichnungen für genaue Zuteilung der Karten und Behälter
- Konsequentes Behältermanagement
- Ausgeprägte Qualitätssicherung
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, können Kanbansysteme in den verschiedensten Bereichen gewinnbringend genutzt werden.
Einsatzbereiche und Nutzen
Haupteinsatzgebiet von Kanban ist und bleibt die Nachschubsteuerung in der Fertigung. Nachschubprozesse werden hier entweder durch leere Kanban-Behälter oder die gesammelten Kanban-Karten aus den leeren Behältern (Signal-Kanban) oder durch Bestandsverringerungen (Material-Kanban) ausgelöst. In beiden Fällen werden die Informationen an die vorgelagerte Stufe weitergegeben um die Produktion bzw. die Bereitstellung der benötigten Materialien auszulösen.
Kanban setzt in diesem Kontext an einem komplett anderen Punkt an als traditionelle PPS-Systeme. Eingehende Anforderungen gelangen innerhalb eines Kanbansystems an die letzte Produktionsstufe. Diese löst den Bedarf an den vorgelagerten Produktionsstufen aus. Bestellt ein Kunde z. B. eine Maschine wird der Auftrag an die Endmontage geleitet. Diese fordert nun die benötigten Komponenten an. Die vorgelagerten Produktionsstufen hingegen fordern wiederum die benötigten Rohstoffe für die Komponentenfertigung an.
Einsparungen:
- Erhöhung der Materialverfügbarkeit bis zu 100%
- Reduzierung der Linienstillstände auf 0%
- Erhöhung der Produktivität um 10 – 50%
In der Logistik funktioniert Kanban ähnlich, nur wird hier nicht die Produktion sondern eben die Logistik gesteuert. Ziel ist auch hier die Bedarfsdeckung der Produktion, dieses Mal aber aus dem Lager.
Nachbestellungen aus der Produktion werden über Kanbansysteme an die Lagermitarbeiter übermittelt. Diese liefern dann das benötigte Material direkt zur jeweiligen Produktionsstelle, z.B. in Austausch gegen den leer gemeldeten Behälter. Voraussetzung ist dabei eine enge Verknüpfung zwischen Produktion und Logistik.
Die bereits genannten Szenarien gingen davon aus, dass das Zentrallager ausreichend mit den benötigten Materialien bestückt ist. Was passiert aber, wenn dies nicht der Fall ist?
In diesem Fall können Unternehmen einen bei ihren Lieferanten erzeugen. Ist z. B. ein Fremdbauteil für die Fertigung nicht im eigenen Lager vorhanden, wird eine „Bestellung“ bei dem entsprechenden Lieferanten erzeugt. Auch angestrebte Liefertermine können hierbei übermittelt werden.