Die Materialflusssteuerung hat in der Welt der IT eine sehr zentrale Funktion. Aufgrund des immer größer werdenden Aufkommens an automatischen Föderanlagen in vielen Unternehmen steigt der Bedarf an der effektiven Materialflusssteuerung ebenfalls immer weiter an.

4 Vorteile der Materialflusssteuerung in EWM

  • Effektive Nutzung aller Anlagenressourcen
  • Schnelle Reaktionszeiten und hohe Flexibilität
  • Kostenersparnis und Risikominimierung
  • Alle Funktionen zur idealen Verwendung eines MFS sind bereits im EWM vorhanden

Bestandteile eines Materialflusssystems

Speicherprogrammierbare Steuerung (SPS)

Die SPS steuert und regelt die Förderanlagen und deren Komponenten, die zum physischen Transport von Handling Units (HUs) zuständig sind. Signale, die von der angeschlossenen Fördertechnik an die SPS übermittelt werden, werden von dieser ausgewertet. Sie kann daraufhin Motoren, Geräte, Sensoren, Scanner, usw. aktivieren oder deaktivieren.

Für welche Art von Fördergerät eine SPS zuständig ist, muss im Vorhinein definiert werden. Dazu gibt es einen sogenannten SPS-Modus. Dies ist ein Punkt im Customizing, bei dem Parameter wie z. B. Behälterförderungstechnik, Regalbediengerät oder Palettenförderungstechnik hinterlegt werden. Anhand dieser Parameter werden dann Eigenschaften definiert, die das Verhalten der entsprechenden Förderungstechnik beeinflussen.

Kommunikationskanal

Um mit dem Materialflusssystem zu kommunizieren, benötigt jede speicherprogrammierbare Steuerung einen Kommunikationskanal. Dabei können für die Kommunikation mit derselben SPS jedoch auch mehrere Kanäle verwendet werden. Technisch besitzt jeder Kommunikationskanal dabei einen eigenen Port und eine eigene IP-Adresse. Eigenschaften, wie z. B. Länge der übermittelten Nachrichten oder eine Telegrammbestätigung können für jeden Kanal separat definiert werden.

Meldepunkte

Nachdem ein Kommunikationskanal definiert wurde, müssen nun Punkte festgelegt werden, an denen die SPS und das MFS miteinander kommunizieren. Diese Punkte nennt man Meldepunkte. Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich hierbei um Punkte an denen bestimmte Informationen an das System übermittelt werden. Bei diesen Informationen kann es sich z. B. um Verfügbarkeitsstatus, Lageraufgaben oder Scannerpunkte handeln. Im EWM wird ein solcher Meldepunkt auch immer als Lagerplatz abgebildet.

Fördersegment

Mit Hilfe der Meldepunkte sind bestimmte Stationen auf dem Transportweg definiert. Doch was ist mit den Wegen zwischen den Meldepunkten? Diese Wege nennt man Fördersegment. Sie definieren die Strecke zwischen zwei Meldepunkten, auf der HUs physikalisch transportiert werden. Einem Fördersegment werden feste Start- und Endpunkte zugewiesen, zu bzw. von denen die HUs transportiert werden. Wie auch bei den Meldepunkten, können Fördersegmenten bestimmte Kapazitäten zugewiesen werden. Diese Kapazitäten beschreiben, wie viele HUs das Fördersegment gleichzeitig transportieren kann. Liegt eine Auslastung des Segments vor, werden vorerst keine weiteren Transportaufträge vom EWM weitergeleitet.

Plant Connectivity (PCO)

Die PCO ist eine Schnittstelle zwischen dem SAP EWM und der SPS. Da nicht alle SPS dieselben Kommunikations-Standards verwenden, muss gewährleistet werden, dass eine Kommunikation zwischen den beiden stattfinden kann, unabhängig vom verwendeten Standard. Dies übernimmt die PCO. Sie nimmt die gesendeten Telegramme (oder auch Dateien) auf und wandelt diese in ein Format um, das für das EWM lesbar ist, bzw. umgekehrt. Die Funktion der PCO ist somit für ein funktionierendes MFS essenziell.

 

SAP_EWM_MFS_Bestandteile

Ressourcen und Ressourcentypen

Eine Ressource im EWM-MFS ist ein Fahrzeug, das eine Lageraufgabe ausführt. Das bedeutet, sie bringt eine HU von einem Meldepunkt zum nächsten. Wichtig hierbei ist die Tatsache, dass eine Ressource die entsprechende HU wirklich NUR von einem Meldepunkt (oder Lagerplatz) zum nächsten bringt. Die Ressource bewegt sich also leer zum Meldepunkt, nimmt dort die Ware auf und bringt diese zum Ziel-Meldepunkt. Im Gegenzug dazu stehen nämlich die sogenannten Fahrzeuge. Als „Fahrzeug“ werden z. B. Verteilwägen bezeichnet, die von SPS selbst mit einem eigenen Auftragspuffer versehen sind und mehrere, unterschiedliche Meldepunkte bedienen. Diese müssen allerdings im System nicht als eigene Ressource definiert sein.

Unter einem Ressourcentyp werden mehrere Ressourcen mit demselben Aufgabenspektrum zusammengefasst. So hat man die Möglichkeit Attribute zu pflegen, die für viele Ressourcen auf gleiche Weise gültig sein sollen. Mögliche Ressourcenarten sind z. B. Regalbediengerät (RBG) oder Verteilwagen (VTW).

Parameter von Ressourcentypen

Für jeden Ressourcentyp müssen zwei spezielle Parameter gepflegt werden. Zum einen muss die maximale Anzahl an Telegrammen pro Ressource definiert werden, das bedeutet wie viele verschiedene Aufgaben eine Ressource erledigen kann.

Zum anderen muss festgelegt sein, ob ein sogenanntes Doppelspiel angewandt werden soll. Mit der Option Doppelspiel bekommt eine Ressource sofort nach der Ausführung einer Einlagerungsaufgabe eine Auslagerungsaufgabe zugewiesen, um einen Leerlauf der entsprechenden Ressource zu vermeiden. Das Doppelspiel in SAP EWM ist jedoch nur bei Ressourcen möglich, die ein Lastaufnahmemittel besitzen.

SAP_EWM_MFS_Ressource

Ressourcenverhalten bei Quittierung von Lageraufgaben

Es gibt drei verschiedene Optionen wie sich Ressourcen bei der Quittierung von Lageraufgaben verhalten:

Kommunikation zwischen EWM-MFS und SPS

Zur Kommunikation zwischen EWM-MFS und einer SPS werden sogenannte Telegramme benutzt. Telegramme in EWM haben verschiedene Kategorien, z. B. eine Lageraufgabe, eine Stornoanfrage für eine Lageraufgabe und eine Quittierung der Lageraufgabe. Das bedeutet, dass diese Telegrammart bestimmt, welches Telegramm zu welchem Zeitpunkt zur SPS geschickt wird.

Der Versand von Telegrammen kann beidseitig erfolgen, also vom EWM zur SPS und umgekehrt.

Versand von EWM an SPS:

Wird ein Telegramm von EWM-MFS an die SPS geschickt, wird zuerst überprüft, ob eine Lageraufgabe einer MFS-Queue zugeordnet ist. Ist dies der Fall, verschickt der EWM-MFS ein Telegramm an die SPS, welche dieser Queue zugeordnet wurde.

Versand von SPS an EWM:

Dieses System funktioniert auch auf umgekehrtem Wege. EWM-MFS kann ebenso Telegramme, welche von einer SPS verschickt wurden, lesen und auf verschiedene Arten verarbeiten. Auf welche Art diese Telegramme genau verarbeitet werden, ist im Customizing durch die zugeordneten Aktionen hinterlegt.

Beispiel: Eine HU auf dem Materialflusssystem kommt am Meldepunkt C01 an und ein Telegramm vom Telegrammtypen XX wird  von der SPS an EWM geschickt. Dem Telegrammtypen XX ist im Customizing die Aktion 01 zugeordnet, woraufhin ein entsprechender Funktionsbaustein ausgeführt wird. Nun wird die Lageraufgabe im Quellcode von C00 auf C01 quittiert und anschließend die nächste Lageraufgabe für die HU von C01 zum nächsten Meldepunkt C02 erstellt und an die SPS übermittelt. Die Aktion 01 ist also als „Transport von C00 auf C01“ definiert worden.

Routing im Materialflusssystem

Lagerungsvorgänge eines MFS werden über eine sogenannte layoutorientierte Lagerungssteuerung (LOLS) abgebildet. Steuerungsentscheidungen wie die einzelnen HUs über das MFS geroutet werden, werden mithilfe dieser LOLS getroffen.

 

Im zweiten Teil dieses Artikels wird näher auf diese layoutorientierte Lagerungssteuerung eingegangen.